In­te­res­san­ter Abend mit zwei kla­ren Ant­wor­ten

Donnerstag, den 21.09.2017
AfD-Kan­di­dat im Fo­kus bei der Dis­kuss­ion der Bun­des­tags­kan­di­da­ten in der Al­ten Ka­ser­ne

Eines der vier Duelle bei der von Uli Karg (im Vordergrund links) moderierten Podiumsdiskussion bestritten Stefan Zellner (ÖDP, Mitte) und Günter Straßberger (AfD, rechts). Fotos: Christine Vinçon

Stummer Protest im Publikum während der Redebeiträge des AfD-Kandidaten.

Von Michael Stolzenberg Es war die einzige Podiumsdiskussion mit den örtlichen Bundestagskandidaten im Vorfeld der Wahl am 24. September, und es liegt in der Natur einer solchen Veranstaltung, dass danach „immer Fragen offen bleiben“, wie LZ-Chefreporter Uli Karg, der die Diskussion moderierte, am Dienstagabend in seinem Schlusswort vor knapp 300 Besuchern in der Alten Kaserne konstatierte. Auf zwei Fragen desselben Themenkomplexes gab die Diskussion aber doch eine klare Antwort: Ja, man kann eine derartige Veranstaltung sehr wohl unter Beteiligung eines AfD-Kandidaten machen, ohne dass das Abendland untergeht. Und: Ja, man kann seinen Protest gegen diese Partei zum Ausdruck bringen, ohne mit Trillerpfeifen stundenlang für akustische Eskalation zu sorgen. Man kann auch einfach ein paar Schilder hochhalten, auf denen zum Beispiel „Kein Platz für Nazis“ steht. Genau dies taten etwa zwei Dutzend AfD-Gegner in den hinteren Reihen immer dann, wenn Günter Straßberger mit einem Wortbeitrag begann. Sobald der Kandidat der Alternative für Deutschland fertig war, wanderten die Schilder runter. Auf und nieder, immer wieder – so ging das über die vollen zwei Stunden und 22 Minuten der Podiumsdiskussion. Diese wurde nach dem Tortenangriff auf Straßberger bei einer AfD-Wahlveranstaltung am Sonntag (wir berichteten) von überdurchschnittlicher Polizeipräsenz begleitet, es kam zu keinerlei Zwischenfällen, das Publikum verhielt sich gesittet, und auch untereinander pflegten die Kandidaten einen überaus entspannten Umgang. Die Veranstalter – Alte Kaserne, Stadt- und Kreisjugendring sowie Migrationsbeirat – hatten zunächst die acht Bewerber in vier Rededuelle mit unterschiedlichen Themen geschickt. Sollten diese (einander zugelosten) Paarungen als Streitgespräche angelegt gewesen sein, hat die Idee eher nicht verfangen, weil entweder die Sujets zu wenig konfrontativ und/oder die beiden Teilnehmer leider ähnlicher Meinung waren. Nicole Bauer (FDP) und Erkan Dinar (Linke) plädierten beide für das Wahlrecht ab 16, Florian Oßner (CSU) und Anja König (SPD) sprachen beim Thema Europa in ähnlichem Sound von „Wertegemeinschaft“ bzw. „Friedensprojekt“. AfD-Mann Straßberger und ÖDP-Vertreter Stefan Zellner gerieten in Sachen bezahlbarer Wohnraum auch nur bedingt in Konflikt, während Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und Petra Seifert (Grüne) bei der 3 plus 2-Regelung für Flüchtlinge schon über Begriffsdefinition bzw. Zielgruppe stritten. Insgesamt lebendiger wurde die Diskussion im zweiten Teil, als das Publikum mit seinen Fragen dran war. Nun ging es kreuz und quer durch die politische Agenda – von industrieller Tierhaltung über Pflege, (kostenfreie) Bildung und Elektroautos bis hin zu Steuerzahlungen von Google, Apple oder Ikea war es eine ziemlich weite Reise, was übrigens auch im geographischen Sinne galt: Zu den Ländern, die an diesem Abend in der Alten Kaserne aus unterschiedlichen Gründen rhetorisch durchwandert wurden, zählten (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): Kanada, Großbritannien, Syrien, Italien, Russland, die Ukraine, Somalia, Polen, Eritrea, Spanien und Mali. Gefühlter Punktsieger unter den Kandidaten, wenn man nach den Reaktionen des Publikums ging, war wohl Erkan Dinar. Der aus Weißenburg (Mittelfranken) kommende Linken-Vertreter argumentierte sehr konkret, etwa bei den Themen Leiharbeit und Türkei, und kam frischer rüber als mancher Mitbewerber – was allerdings nicht zuletzt seiner relativen Unbekanntheit in Landshut geschuldet gewesen sein dürfte. Am anderen Ende des politischen Spektrums legte der Mann von der AfD einen auffällig unauffälligen Auftritt hin. „Herr Straßberger, Sie sind inhaltlich schwer zu fassen“, sagte Moderator Uli Karg auf der Zielgeraden der Veranstaltung. Genau so war’s. Der Kandidat verströmte die tendenziell langweilige Aura des konservativen Plauderers und ließ sich auch bei kniffligeren Fragen etwa nach Facebook-Einträgen nicht aus der Reserve locken. Am Ende bekam er, wie seine Mitdiskutanten, vom Veranstalter einen „Bayern ist bunt“-Button in die Hand gedrückt, legte ihn vor sich hin und schaute ihn mit großen Augen an.


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