„Da schauen wir mit Argusaugen drauf“

Jürgen Gros (rechts), Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern, mit (von rechts) Nicole Bauer, Rosi Steinberger, Florian Oßner und Mitgliedern des Kreisverbands Landshut der Volks- und Raiffeisenbanken. Foto: Thomas Beißner
Abgeordnetengespräch der Volks- und Raiffeisenbanken im Kreisverband Landshut
Zu einem Gespräch mit den regionalen Abgeordneten aus Bundestag und Landtag haben sich Vertreter der Volksbanken und Raiffeisenbanken im Kreisverband Landshut am Dienstag im Restaurant Bernlochner getroffen. Nicole Bauer (FDP), Florian Oßner (CSU) und Rosi Steinberger (Grüne) erhielten dabei von Jürgen Gros, dem Präsidenten des Genossenschaftsverbands Bayern, nicht nur aktuelle Konjunkturprognosen der Mitgliedsbanken, sondern auch eine klare Darstellung der Probleme, denen sich die Genossenschaftsbanken in der europäischen Bankenlandschaft ausgesetzt sehen.
Eine Konsequenz dieser Probleme brachte ein Teilnehmer der Gesprächsrunde auf folgenden Punkt: Die durch den Verdrängungswettbewerb der Großbanken verursachte europäische Regulatorik mache das Bankengeschäft „unmenschlicher“. Die langjährige persönliche Beziehung zum Kunden und das gegenseitige Vertrauen, das einst eine entscheidende Rolle in der Beurteilung der Kreditwürdigkeit spielte, gehe angesichts pauschaler Regularien verloren. „Wir haben immer weniger die Möglichkeit, den menschlichen Faktor entsprechend zu würdigen.“
Scharfe Kritik an Äußerungen von der Leyens

In diesem Zusammenhang wurden auch Aussagen der neuen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, wonach sie die Bankenunion vervollständigen wolle (Stichwort: gemeinsame europäische Einlagensicherung), sehr kritisch beurteilt. „Wir sind massiv irritiert über derartige Äußerungen, das trägt nicht gerade zur Beruhigung bei“, sagte Jürgen Gros. „Da schauen wir mit Argusaugen drauf.“ Bundestagsabgeordneter Florian Oßner hielt daraufhin fest, dass die Bankenunion mit ihrer Vergemeinschaftung von Risiken für die Unionsfraktion „immer ein rotes Tuch“ gewesen sei. Von der Leyens Äußerungen stufte er daher als wahltaktisches Manöver ein. Vorsicht sei an anderer Stelle geboten: „Frankreich und Italien versuchen, unsere Mittelstandsstruktur zu torpedieren, da müssen wir aufpassen.“ Die Mittelstandsfinanzierung, wie sie von den Genossenschaftsbanken und den Sparkassen praktiziert werde, mache Deutschland krisenfest. „Das ist unbezahlbar. Diesen Riesenvorteil möchten wir behalten.“ Neben der Finanzierung des Mittelstands spielt für die Genossenschaftsbanken zunehmend auch das Engagement im Start-up-Sektor eine Rolle, wie Gros auf Nachfrage von Nicole Bauer feststellte: So werden mittlerweile 50 Prozent der Start-up-Kredite von Volks- und Raiffeisenbanken vergeben. Gros: „Das ist ein echter Beitrag, die Wirtschaft weiterzuentwickeln.“ Angesichts aktueller Ambitionen im Währungsbereich sieht Gros wiederum die Politik gefordert. Wer, wie Facebook, mit einer digitalen Währung bankgleiche Geschäfte betreiben wolle, müsse auch mit bankgleicher Regulierung belegt werden: „Da sind die Aufseher gefordert, da braucht es politischen Druck – zumal bei einer Unternehmensgruppe, der nachgesagt wird, es mit dem Datenschutz nicht so genau zu nehmen.“
Negativzinsen ? Lieber mal auf das Thema einstellen

Die Frage Rosi Steinbergers, wie es mit der Entwicklung der Negativzinsen, auch bei den Genossenschaftsbanken, weitergehe, beantwortete Gros vage bestimmt wie folgt: „Ich würde mich darauf einstellen, dass wir es mit dem Thema zu tun bekommen.“ Zu tun bekommen wird man es hierzulande wohl auch mit einer konjunkturellen Eintrübung, wie Gros unter Verweis auf eine aktuelle Konjunkturumfrage unter Mitgliedsbanken sagte. Laut Einschätzung der Vorstände verschlechtere sich die Wirtschaftsentwicklung, die Kreditanfragen der Firmenkunden seien rückläufig. „Erste Bremsspuren in der Gesamtwirtschaftsentwicklung zeichnen sich ab.“ Was das Privatkundengeschäft betrifft, sei die Erwartungshaltung, dank der stabilen Binnenkonjunktur vor allem im Immobilienbereich, weiterhin „sehr, sehr gut“. Einen limitierenden Faktor gebe es dennoch: „Uns gehen langsam Baugrund und freie Bauflächen aus.“ -ku-


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