Das Ver­hält­nis von Lohn und Ar­beit

Landshuter Zeitung Niederbayern 12
 Dienstag, ,5. September 2017
Chris­ti­an Lind­ner for­dert Leis­tungs­ge­rech­tig­keit und schnel­le­re Di­gi­ta­li­sie­rung

Voll im Angriffsmodus war FDP-Vorsitzender Christian Lindner. (Foto: ker)

Von Andreas Kerscher Das Thema Leistungsgerechtigkeit hatte Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP, in den Mittelpunkt seiner Rede beim Politischen Frühschoppen am Gillamoos gestellt. Für Hartz-IV-Bezieher gäbe es überhaupt keine Anreize, mehr zu arbeiten, weil zusätzlicher Lohn über der 450 Euro-Grenze sofort auf die Sozialleistungen angerechnet werde. „Unser Sozialstaat hält die Menschen fest wie ein Magnet, indem er zusätzliche Anstrengenungen bestraft“, sagte Lindner. „Wenn man länger arbeitet und  dadurch  wniger  verdient, dann ist das die Perversion der Leistungsgerechtigkeit.“ Selbiges gelte für die Rente: Gespartes dürfe nicht auf die Grundsicherung angerechnet werden. Er habe oft den Eindruck – auch beim TV Duell zwischen der Kanzlerin und SPD-Kandidat Martin Schulz – dass in Deutschland vor allem Politik für Flüchtlinge und Manager gemacht werde, sagte Lindner. „Politik für die Mitte und alle, die dahin aufsteigen wollen, muss wieder Teil der Staatsräson werden“, forderte er. „Wer fleißig ist, muss etwas erreichen können“ – etwa den Traum eines eigenen Zuhauses. Die FDP fordere darum 500 000 Euro Freibetrag von der Grundsteuer für den Kauf der ersten, selbst genutzten Eigentumswohnung. Der Hauptgrund, warum die soziale Schere auseinandergehe, sei Ungerechtigkeit im Bildungssystem, sagte Lindner und forderte, dass Bildungschancen nicht von der sozialen Herkunft abhängen dürfen. Lindner wünschte sich außerdem mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt und mehr Selbstständigkeit beim Eintritt in den Ruhestand. Ein festes Rentenalter für alle sei veraltet. „Hören wir auf, die Rente so zu organisieren wie zu Bismarcks Zeiten. Wir sind doch alle unterschiedlich“, sagte er. Der FDP-Vorsitzende kritisierte außerdem das Behördenversagen und die mangelnde Zusammenarbeit der Landesbehörden im Fall des Attentäters Anis Amri. „Der Föderalismus in Deutschland ist ein hohes Gut. Aber bei Bildung und Kriminalitätsbekämpfung stehen wir uns doch inzwischen selbst im Weg.“ Zur Stärkung der Polizei fordere die FDP 15 000 zusätzliche Beamte. Um diese Zahl zu erreichen, solle die gehobene Polizeilaufbahn auch für Absolventen mit mittleren Schulabschlüssen geöffnet werden. Bei der Digitalisierung sei seit vier Jahren nichts geschehen, kritisierte Lindner. „Warum müssen wir immer noch unsere Lebenzeit in Wartezimmern von Ämtern verschwenden?“, fragte er. „Ganz nach vorne auf die politische Agenda“ müsse ein digitales Bürgeramt. Seine Meinung zum Dieselskandal war ebenfalls eindeutig: Betroffene Autos müssen umgerüstet werden, egal wie hoch die Kosten sind. „Dann bekommen die Aktionäre eben ein paar Jahre keine Gewinne, sie hätten vorher ja andere Manager aussuchen können“, rief Lindner unter großem Beifall. Ohne ein Verantwortungsprinzip werde die soziale Marktwirtschaft nicht akzeptiert. Er machte aber auch klar: „An der Hexenjagd auf den Diesel nehmen wir nicht teil.“

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