Warten auf den Wirtschaftsminister

Landshurter Zeitung  Landkreis Landshut,    23. 11. 2019

Beim Gedankenaustausch im Kernkraftwerk: (v.l.) Dr. Guido Knott (Vorsitzender der Geschäftsführung PreussenElektra), Moderatorin Christiane Allinger, Landrat Peter Dreier, MdB Nicole Bauer, Niederaichbachs Bürgermeister Josef Klaus, KKI-Standortleiter Carsten Müller, MdB Florian Oßner und Bürgermeister Dieter Neubauer (Essenbach).
Warten auf den Wirtschaftsminister
Kommunalpolitiker fordern mehr Mitspracherecht bei energiepolitischen Entscheidungen
Landkreis. Schön langsam wird es höchste Zeit, dass Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier endlich sein Versprechen einlöst und sich der Diskussion mit den Kommunalpolitikern aus Essenbach und Niederaichbach stellt. Die Geduld der beiden Bürgermeister Josef Klaus und Dieter Neubauer ist jedenfalls schon ziemlich am Ende. Der für November ins Auge gefasste Termin musste jedoch nach dem folgenschweren Sturz des CDU-Politikers vorerst verschoben werden. Von Horst Müller „Peter Altmaier steht zu seinem Wort und wird seine Zusage auf jeden Fall einhalten“, versuchte Bundestagsabgeordneter Florian Oßner (CSU) am Mittwochabend seine beiden Parteifreunde zu beschwichtigen. Die Rathauschefs der zwei Standortgemeinden des Kernkraftwerks Isar wollen sich nicht mehr länger damit abfinden, dass ihre Kommunen bei wichtigen energiepolitischen Entscheidungen weder eingebunden noch ernstgenommen, sondern immer nur hingehalten und bestenfalls nach der Salamitaktik-Methode informiert werden. Klaus: „Unsere Region nicht zusätzlich belasten“ Da sie dies dem zuständigen Minister bislang nicht ins Gesicht sagen konnten, machten sie bei der Podiumsdiskussion im Rahmen der Informationsveranstaltung „KKI im Dialog“ im Kernkraftwerk Isar aus ihren Herzen keine Mördergrube. Im Verlauf der von Christiane Allinger (Niederbayern TV) moderierten Gesprächsrunde mit PreussenElektra-Chef Dr. Guido Knott und den Bundestagsabgeordneten Nicole Bauer (FDP) und Florian Oßner (CSU) lehnte Josef Klaus die geplante Verdoppelung der Kapazität des Süd-Ost-Links von zwei auf vier Gigawatt strikt ab. Dass diese Option für die Stromautobahn eher beiläufig ins Gespräch gebracht wurde und dem Vernehmen nach auf einer Absprache der Bundesländer Bayern, Hessen, Thüringen und Baden-Württemberg beruhe, um eine Trasse nach Grafenrheinfeld zu verhindern, könne er „nicht nachvollziehen“, sagte Klaus: Eine 500 Kilometer lange Trasse neu zu bauen, um auf eine 80 Kilometer lange Leitung verzichten zu können, „das verstehen wir nicht“. Zudem gab er zu bedenken, dass der Strom, der hier mit einer Vier-Gigawatt-Leitung ankomme, auch wieder weggebracht werden müsse: „Dazu müssen neue Leitungen gebaut werden, die wir nicht wollen. Es kann nicht sein, dass unsere Region zusätzlich belastet wird und andere nicht.“ Neubauer: „Wir werden veralbert und vorgeführt“ Auch die Informationspolitik der Behörden nahm sich der Bürgermeister vor, dem zufolge der genaue Trassenverlauf des Süd-Ost-Links angeblich schon feststehe, obwohl das Genehmigungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist. „Wir werden wieder die Letzten sein, die davon erfahren“, so Klaus. Ins Bild passe für ihn denn auch die Art und Weise, wie mit der von ihm initiierten Petition gegen die Castor-Transporte von Sellafield ins Zwischenlager Bella verfahren werde: Nach der Aushändigung der Unterschriften im Bundesumweltministerium habe man nichts mehr aus Berlin gehört. „Da kommt man sich dann schon ein bisschen veralbert und vorgeführt vor“, ergänzte Klaus’ Amtskollege Dieter Neubauer. Der Essenbacher Bürgermeister beklagte, dass die Politik so verbohrt und nicht bereit sei, eine Entscheidung wie die Verteilung der Castoren auf mehrere Zwischenläger zu korrigieren. Stattdessen komme die ganze Wahrheit auch in Bezug auf die Süd-Ost-Link-Trasse oder den Konverter-Standort „immer nur scheibchenweise auf den Tisch“. Neubauer und Klaus wollen nicht zulassen, dass die Region Landshut zum „Stromumschlagsplatz für ganz Süddeutschland“ wird. Dreier: „Immer wieder wird man hingehalten“ Die Erfahrung, dass Anregungen von unmittelbar Betroffenen oder Vorschläge aus der Praxis zwar von offizieller Seite „brav aufgenommen“, aber nicht berücksichtigt oder umgesetzt werden, hat auch Landrat Peter Dreier gemacht, der geradezu gebetsmühlenartig eine Lanze für das Kabelpflugverlegeverfahren bricht, mit dem die neue Stromautobahn günstiger und schonender gebaut werden könnte: „Immer wieder wird man hingehalten“, sagte Dreier und gab zu bedenken, dass dies zum „Verlust an Glaubwürdigkeit in die Politik“ führe. Die Befürchtung von Dreier, Klaus und Neubauer, dass das Zwischenlager Bella womöglich zum De-facto-Endlager wird, konnte während der Diskussion ebenfalls nicht entkräftet werden. Der Chef der Bundesgesellschaft für Endlagerung, Dr. Thomas Lautsch, kündigte zwar an, dass bis Herbst 2020 die „Einengung der erkundungswürdigen Gebiete“ für ein atomares Endlager erfolgen werde. Josef Klaus, der als Sprecher der Standortgemeinden bislang vergeblich einen Sitz im nationalen Begleitgremium gefordert hat, berichtete dagegen von einem Hickhack um die benötigten geologischen Daten, das zu unnötigen Verzögerungen führe und ein eigenes Gesetz erforderlich mache. Klaus: „Wir erwarten von der Bundespolitik, dass das endlich in die Gänge kommt, aber es tut sich nichts. Da geht mir das Messer in der Hose auf. Wir wollen nicht, dass das Zwischenlager ewig hier steht.“ Dies sei auch nicht im Interesse des KKI-Betreiber PreussenElektra, betonte Guido Knott: Anders als Dreier beschäftige ihn aber nicht die Frage nach der Haltbarkeit der Castoren. Knott habe vielmehr „die Sorge, dass wir das technische Know-how verlieren und irgendwann keine Leute mehr haben, die damit umgehen können“.

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